WORLD PRESS PHOTO 15

Unfassbar gut, ergreifend, unendlich traurig, ernüchternd und schockierend. Das sind die Adjektive, die mir spontan zu dieser Fotoausstellung einfallen.

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Ich sitze in einem tollen Café, das immer wieder meine Laune hebt, wenn ich in Oldenburg bin – heute schafft dieser besondere Ort es nicht. Es ist offensichtlich zu viel von einem Café verlangt. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Selbst der leckere Keks bleibt neben meinem Glas liegen.

Ich sitze mit einem Stift in der Hand und versuche meine Gedanken zu fassen…

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Ich wusste, dass es keine „gute Laune“ Aufnahmen sind. Aber, dass die Bilder mich so treffen und so sehr nachdenklich und traurig stimmen würden, habe ich nicht erwartet.

Nach einer Möglichkeit mich hinzusetzen, um die Fotos in Ruhe zu betrachten, suche ich vergeblich. Nachhinein weiß ich warum – man würde in die Bilder so tief eintauchen, dass man keine Kraft mehr aufbringen würde um aufzustehen. Das Risiko einer Depression inklusive.

Eine einzige Bank steht vor einer Aufnahme, die einen Viehmarkt im Wald, in der Nähe eines chinesischen Dorfes zeigt. Ein Bild aus einer Vogelperspektive, wo manche Tiere und Gestalten verschwommen sind. “Um nicht auf die Missstände aufmerksam zu machen?” – frage ich mich. Natürlich nicht, aber erster Eindruck zählt… oder wie war das?

Krieg. Hass. Hinrichtung. Missachtung – das alles sehe ich. Mittendrin ein Bild einer Frau aus China, die von der Polizei, unter dem Verdacht der Prostitution auf einem Metallstuhl angekettet, resigniert sitzt. „Anwohner hatten sich beschwert, weil Ihnen Werbung von Prostitution unter der Tür durchgeschoben wurde. In China ist Prostitution illegal.“ steht auf der Tafel neben der Aufnahme. Ich stehe schockiert vor dem Foto und stelle mir alles bildlich vor. Ein Fehler – ich tauche mit meinen Gedanken in eine Welt, wo ich nicht sein möchte. Zum Glück kommen andere Besucher in meine Richtung und wollen diese Aufnahme sehen. Ich mache Platz und beobachte sie. Ich versuche zu entziffern, was sie für Meinungen haben… Ich gehe weiter. “Nicht, dass ich noch verhaftet werde, weil ich zu lange zugeschaut habe. Gut, dass ich nicht in China lebe…” – ich reiße mich selbst aus meinen Gedanken.

WORLD PRESS PHOTO 15 Ein Bild von Liu Song

WORLD PRESS PHOTO 15 Ein Bild von Liu Song

Natürlich gibt es auch andere Fotos, die Sportereignisse oder Natur in ihrer wundervollen Form zeigen. Aber jedem bleibt was anderes im Gedächtnis hängen.

Ich muss die Ausstellung mit einem professionellen Blick betrachten: Die Aufnahmen sind grandios! Wenn man die Situation, in der sie gemacht worden sind, nicht außer Acht lässt – sind das besondere Kunstwerke, die Mut und ein begnadetes Auge des Autors verlangt haben, um den Betrachter nachhinein so (mit der entstandenen Szene) umzuhauen.

Ein Ausschnitt aus den RadioBremen Nachrichten

WORLD PRESS PHOTO 15 Austellung

Frohes Neues Jahr!

Peter Rosegger

Gedicht zum neusten Jahr

Ein bißchen mehr Friede und weniger Streit,
Ein bißchen mehr Güte und weniger Neid,
Ein bißchen mehr Liebe und weniger Haß,
Ein bißchen mehr Wahrheit – das wäre doch was!

Statt so viel Unrast ein bißchen mehr Ruh’,
Statt immer nur Ich ein bißchen mehr Du,
Statt Angst und Hemm

ung ein bißchen mehr Mut
Und Kraft zum Handeln – das wäre gut!

Kein Trübsal und Dunkel, ein bißchen mehr Licht,
Kein quälend Verlangen, ein bißchen Verzicht,
Und viel mehr Blumen, solange es geht,
Nicht erst auf Gräbern – da blüh’n sie zu spät!

Wilhelm Busch

Zu Neujahr

Will das Glück nach seinem Sinn
dir was Gutes schenken,
sage dank und nimm es hin
ohne viel Bedenken.
Jede Gabe sei begrüsst,
doch vor allen Dingen
Das, worum du dich bemühst
möge dir gelingen.

Frohe Weihnachten

Schenken

WeihnachtsdekoSchenke groß oder klein,
aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten die Gabe wiegen,
sei dein Gewissen rein.

Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei, was in dir wohnt
an Meinung, Geschmack und Humor,
so daß die eigene Freude zuvor
dich reichlich belohnt.

Schenke mit Geist, ohne List.
Sei eingedenk,
daß dein Geschenk
du selber bist.

Joachim Ringelnatz (1883 – 1934)

Es werde Licht #4

Advent

Es werde Licht #4Es treibt der Wind im Winterwalde
Die Flockenherde wie ein Hirt,
Und manche Tanne ahnt, wie balde
Sie fromm und lichterheilig wird,
Und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
Streckt sie die Zweige hin – bereit,
Und wehrt dem Wind und wächst entgegen
Der einen Nacht der Herrlichkeit.

Rainer Maria Rilke (1875-1926)

Es werde Licht #3

Es ist Advent

Es werde Licht #3Die Blumen sind verblüht im Tal, die Vöglein heimgezogen;
Der Himmel schwebt so grau und fahl, es brausen kalte Wogen.
Und doch nicht Leid im Herzen brennt: Es ist Advent!

Es zieht ein Hoffen durch die Welt, ein starkes, frohes Hoffen;
das schließet auf der Armen Zelt und macht Paläste offen;
das kleinste Kind die Ursach kennt: Es ist Advent!

Advent, Advent, du Lerchensang von Weihnachts Frühlingstunde!
Advent, Advent, du Glockenklang vom neuen Gnadenbunde!
Du Morgenstrahl von Gott gesendt! Es ist Advent!

Friedrich Wilhelm Kritzinger (1816 – 1890)